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Aktueller Artikel


Philosophie der Synthese: Der spirituelle Mensch

Aart Jurriaanse

 

Auszug aus dem Buch von Aart Jurriaanse: Philosophie der Synthese; eine Einführung in die zeitlosen Weisheitslehren.

In lockerer Folge veröffentlicht unser Onlinemagazin Auszüge aus diesem Buch. Es fasst einleuchtend und prägnant den Inhalt des grundlegenden, jedoch oft schwer verständlichen Werks von Alice Bailey zusammen. Der folgende Text stammt von den Seiten 504/505.

 

Hier geht es zur Buchbesprechung.


 

Wenn ein bislang rein irdisch gesinnter Mensch sich den geistigen Dimensionen des Lebens zuwendet und sich von diesem Punkt an konsequent bemüht, sein tägliches Leben nach den inneren Anforderungen, wie er sie deutet und wahrnimmt, auszurichten, kann er als «spirituell» bezeichnet werden. Dieser Mensch hat die Eine Quelle erkannt und trachtet nun intensiv danach, diese Quelle besser zu verstehen. Indem er sein Leben darauf einstellt, hofft er, sich diesem Unbekannten nähern zu können.

 

Mit zunehmender Erkenntnis weiterer und höherer Bereiche wendet er seinen Blick von den begrenzten Persönlichkeitserfahrungen ab und erforscht die Natur des grösseren Ganzen, wie sie ihm jetzt offenbar wird. Seine Weitsicht nimmt zu, sein Horizont dehnt sich aus und ein tieferes Verständnis macht sich bemerkbar. Er erkennt die zugrunde liegende Einheit aller Schöpfung, die dem Einen Leben entspringt.

 

Das Leben eines spirituellen Menschen sollte von konstruktivem Wohlwollen gegenüber allem, was lebt, geprägt sein. Er sollte frei von jedem persönlichen Ehrgeiz und Eigennutz sein. Er sollte sich bemühen, bewusst als Seele zu leben, deren Wesen Liebe und Allumfassendheit ist, und die in allen Formen das Licht des Schöpfers wahrnimmt. Ein Mensch, der diese Klarheit gewinnt, wird die Nöte der Mitmenschen wirklich begreifen, ohne seinen Blick von falscher Sentimentalität trüben zu lassen. Das vermeidet all die nutzlosen Diskussionen, Kritiken und Vergleiche, sowohl was einen selbst betrifft wie auch anderen gegenüber. Wir sind dann in der Lage, unmittelbar auf die tatsächlichen Bedürfnisse zu reagieren. Spiritualität, in diesem Sinne, ist die Fähigkeit, die inneren Beweggründe und Ursachen einschätzen zu können, die für die äusseren Bedingungen verantwortlich sind, und aus dieser Unterscheidungskraft und Weisheit heraus wirkliche Hilfe und Beistand zu leisten.

 

Damit die Energie der Liebe und andere geistige Energien, die zur Vitalisierung der Persönlichkeit und zu richtigem Handeln beitragen, frei fliessen können, sollte Folgendes in Betracht gezogen werden:

 

a) Ein von gutem Willen geleitetes Denken führt zur Vorsicht im Umgang mit Urteil und Kritik und zur Zurückhaltung beim Sprechen.

b) Emotionales Wohlwollen baut einen Kanal durch den sich die Liebesqualität der Seele ausdrücken kann.

c) Wohlwollen im Handeln bewahrt vor übereilten, heftigen Taten. Es setzt den kreativen Willen frei und bewirkt Ausgeglichenheit und Geschicklichkeit im Handeln.

 

Im Idealfall hat der Mensch eine so bewusste Selbstkontrolle entwickelt, dass er willentlich sein Bewusstsein entweder auf den Seelenaspekt oder ihren Formaspekt richten kann, ganz nach den jeweiligen Gegebenheiten des Dienstes. Ein spiritueller Mensch wird immer versuchen, den Plan, soweit er ihn erkennen kann, voranzubringen, und sich so stark wie möglich mit dem Göttlichen in der Schöpfung zu verbinden. Er wird versuchen, die Herzen der Menschen zu erreichen und denen, die in Not sind, Licht zu bringen, soweit es ihm zur Verfügung steht. Es gibt drei wichtige Fähigkeiten, die wir dazu ausbilden sollten:

 

a) Die Fähigkeit, mit höheren Ebenen wie auch mit den Mitmenschen bewusst telepathisch zu kommunizieren und das Aufgenommene weiterzugeben.

b) Die Fähigkeit, intuitiv die Wahrheit zu erkennen, sie in Gedankenform zu kleiden und diese Gedanken mit Hilfe des kreativen Denkens schliesslich in sichtbare Formen umzusetzen.

c) Die Fähigkeit, zu heilen, das heisst Kräfte und Energien zu erkennen und zu wissen, wie man sie handhabt, um den Mitmenschen bei bestimmten physischen oder mentalen Beeinträchtigungen Linderung zu verschaffen.

 

Ein weiteres beachtenswertes Merkmal des spirituellen Menschen ist, dass ihn etwas antreibt, was man als göttliche Unzufriedenheit bezeichnen könnte. Ein Leben des Geistes zu führen, bedeutet, von dem unwiderstehlichen Bedürfnis nach Verbesserung bestimmt zu werden, das niemals wirklich

gestillt werden kann und dauernd von einem bestehenden Zustand zu einer noch verlockenderen Vision getrieben zu werden, bis schliesslich der Pfad betreten wird, auf dem eine Umkehr, selbst wenn diese gewollt wird, nicht mehr möglich ist. Im Verlauf dieses Prozesses entwickelt der

Mensch eine Haltung des richtigen Handelns, die auf Wohlwollen, instinktivem Verständnis und angemessenen Reaktionen beruht und die ihm mit der Zeit so selbstverständlich wird, dass daraus eine geistige Grundhaltung erwächst.

 

Aart Jurriaanse